08. Juli 2024
Überörtliche Prüfung der Stadt Oerlinghausen durch die gpaNRW
Durch Konsolidierung Stadtfinanzen in unruhigen Zeiten stabilisieren
Die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW) hat die Stadt Oerlinghausen unter die Lupe genommen.
Im Rahmen der überörtlichen Prüfung, die turnusgemäß alle fünf Jahre erfolgt, ging das Prüfteam dabei insbesondere der Frage nach, ob die Stadt sachgerecht, rechtmäßig und wirtschaftlich verwaltet wird.
Die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen wurden nun durch den Projektleiter Theodor Grebe, gpa-Prüferin Isabel Petermann sowie den Präsidenten der gpaNRW Michael Esken in der Sitzung des Hauptausschusses am 04.07.2024 vorgestellt.
„In vielen Kommunen schrumpfen die finanziellen Spielräume. Auch die Stadt Oerlinghausen ist von diesem Trend betroffen. Ursächlich hierfür ist die Krisendichte aus Ukraine-Krieg, Inflation, Migration, Rezession und nicht zuletzt Corona-Pandemie. Handlungsbedarf besteht für die Stadt Oerlinghausen darin, sich den Herausforderungen zu stellen. Es ist Gebot der Stunde, die Stadtfinanzen zu stabilisieren“, erklärt gpa-Präsident Michael Esken.
Im Fokus der Prüfung standen die Themenbereiche Finanzen, Vergabewesen, Informations-technik (IT) an Schulen, ordnungsbehördliche Bestattungen und Friedhofswesen.
„Die Stadt Oerlinghausen erzielt im Betrachtungszeitraum 2016 bis 2020 bis auf 2017 positive Jahresergebnisse. Zu dieser erfreulichen Entwicklung trugen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei. Die Jahresüberschüsse nutzte die Stadt, um ihr Eigenkapital zu stärken und eine Ausgleichsrücklage aufzubauen. Im Gegensatz zur soliden Eigenkapitalquote sind die Verbindlichkeiten im Konzern im interkommunalen Vergleich auf einem hohen Niveau“, analysiert gpa-Prüferin Isabel Petermann die Situation der Stadtfinanzen. Der Blick in die finanzielle Zukunft der Stadt spiegelt die Herausforderungen der Vielfachkrisen. Oerlinghausen plant ab dem Doppelhaushalt 2022/2023 bis 2025 mit Defiziten, die zu einem deutlichen Verzehr des Eigenkapitals führen. Die Planung unterliegt hohen konjunkturbedingten und allgemeinen Risiken, die von der Stadt nicht beeinflusst werden können. Aufwandssteigerungen konnte die Bergstadt bislang durch Konsolidierung kompensieren. Sollten die Auswirkungen der Risiken eintreten, erfordert dies eine angemessene Haushaltssteuerung. „Wir begrüßen, dass die Stadt unsere Empfehlung, ein regelmäßiges unterjähriges Finanzcontrolling und –berichtswesen aufzubauen, zwischenzeitlich bereits umgesetzt hat. Für das Fördermittel- sowie Kredit- und Anlagenmanagement sollten die strategischen Vorgaben schriftlich festgelegt werden“, fasst Isabel Petermann die Empfehlungen der gpaNRW zu diesem Prüfungsfeld zusammen.
Die Informationstechnik an Schulen war ebenfalls Bestandteil der Prüfung. “Hier ist Oerlinghausen bereits sehr gut aufgestellt. Für den Ausstattungsprozess nutzt die Stadt, wie viele andere Vergleichskommunen auch, allerdings einen pragmatischen Ansatz. Der Digitalisierungsstand der Schulen ist gut, die pädagogischen Anforderungen sind umgesetzt und das IT-Service-Management ist modern aufgestellt“, hebt gpa-Prüferin Isabel Petermann lobend hervor und regt an, die gelebten Prozesse zur Ausstattung zu verschriftlichen. Optimierungspotenziale erkennt die gpaNRW bei den IT-Sicherheitsstrukturen. Hierzu sollten die erkannten Handlungsbedarfe gemeinsam mit den Schulen erörtert und die daraus abgeleiteten technischen und organisatorischen Maßnahmen konsequent umgesetzt werden.
Für das Vergabewesen nutzt die Stadt Oerlinghausen zum Teil im Wege der interkommunalen Zusammenarbeit die zentrale Vergabestelle des Kreises Lippe. Kleinere Vergabeverfahren führen die Bedarfsstellen bisher selbst durch. „Oerlinghausen könnte die Potenziale der zentralen Vergabestelle des Kreises Lippe durch eine stärkere Einbindung optimieren. Zudem sollten Umfang und Ursachen der Abweichungen vom ursprünglichen Auftragswert systematisch durch ein Nachtragsmanagement ausgewertet werden“, rät gpa-Projektleiter Theodor Grebe von der gpaNRW. Darüber hinaus empfiehlt die gpaNRW, Regelungen zur Korruptionsprävention und Vorgaben zum Sponsoring schriftlich zu fixieren.
„Die Stadtverwaltung hält bei der Durchführung von ordnungsbehördlichen Bestattungen die gesetzlichen Bestimmungen des Bestattungsgesetzes NRW konsequent ein und Kostenerstattungen werden geltend gemacht“, berichtet der Projektleiter Theodor Grebe. Zudem berücksichtigt Oerlinghausen die Art der Bestattung nach Wunsch des Verstorbenen oder aufgrund konfessioneller Vorgaben.
Der Wandel im Bestattungswesen ist auch in Oerlinghausen sichtbar. Die Bergstadt ist hinsichtlich der Entwicklung im Friedhofswesen gut aufgestellt. Die Verwaltung verwendet sowohl eine Fachsoftware als auch ein Grünflächen-Informationssystem. Die Daten sind aktuell und werden regelmäßig gepflegt. Auch die Gebühren kalkuliert die lippische Stadt jährlich neu. „Das Flächenmanagement orientiert sich am Bestand und Bedarf mit stetig steigendem Flächenüberschuss. Die Flächen sollen zukünftig für neue Bestattungsarten genutzt werden. Der Pflege- und Unterhaltungsaufwand wird wirtschaftlich betrieben, der Kostendeckungsgrad ist hoch“, lobt Theodor Grebe die Stadt.
„Unser Prüfungsbericht zeigt, dass die Stadt Oerlinghausen in den geprüften Bereichen sach-gerecht und rechtmäßig verwaltet wird. Die Stadtfinanzen sind aber durch Risiken gefährdet. Um die Potenziale von Oerlinghausen zu stärken, gilt es, die Stadt krisen- und zukunftssicher aufzustellen. Mit unserem Prüfungsbericht bieten wir Ihnen einen Werkzeugkoffer, um den Haushalt zu steuern und handlungsfähig zu bleiben“, resümiert der Präsident der gpaNRW Michael Esken.
Bürgermeister Dirk Becker erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW: „Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Prüfern der Gemeindeprüfungsanstalt NRW für die sehr gute Zusammenarbeit und den kollegialen Austausch im gesamten Verlauf der überörtlichen Prüfung. Die Ergebnisse und Empfehlungen der Prüfung helfen der Stadt Oerlinghausen dabei, die bereits guten Grundlagen in den geprüften Bereichen zu verbessern.“
Info zur gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen.
Präsident der gpaNRW ist seit 15. September 2023 Bürgermeister a.D. Michael Esken.
Die gpaNRW veröffentlicht ihre Prüfungsberichte auf ihrer Homepage
unter www.gpa.nrw.de