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Stolpersteine in Oerlinghausen

Stolpersteine in Oerlinghausen

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, dass im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus (NS-Zeit) verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.
Mit den eingesammelten Spenden der über 30 Oerlinghauserinnen und Oerlinghausern wurden die ersten 12 Stolpersteine in der Bergstadt am 13. Juni 2024 verlegt. In enger Zusammenarbeit mit Jürgen Hartmann, Historiker und Autor des Oerlinghauser Erinnerungsbuchs, wurden 12 Opfer ausgewählt, für die ein Stolperstein in der Bergstadt verlegt wurden.

Für diese Opfer des Nationalsozialismus wurden Stolpersteine verlegt: 

Hedwig Loewenthal und Eduard Berke, Rathausplatz

Diese beiden Steine wurden auf Wunsch der noch lebenden Angehörigen am Haupteingang des Rathauses verlegt, da die letzten, freiwillig gewählten Wohnorte weiter außerhalb liegen und somit die Stolpersteine für Interessierte zugänglicher sind.
Hedwig Loewenthal wohnte in der Lipperreihe 51 und Eduard Berke im Wellenbruch 2.

Warum Hedwig Loewenthal ausgerechnet nach Oerlinghausen kam, weiß man nicht. Jedenfalls zog die 29jährige Frau, die aus einer angesehenen jüdischen Medizinerfamilie in Berlin stammte, im Jahre 1912 in ein Gebäude, das zum Gut Menkhausen gehörte. 1924, also lange bevor die Nazis an die Macht kamen, kaufte sie dann ein Grundstück am Ende des Landerweges, oberhalb des Schopketals und baute dort ein Haus. Hedwig Loewenthal lebte in Oerlinghausen sehr zurückgezogen, übte keinen Beruf aus, schien gut situiert aber offenbar gesundheitlich beeinträchtigt. Ihr Vater Prof. Wolff-Wilhelm Loewenthal, war ein international anerkannter Augenarzt und arbeitete zeitweise mit Robert Koch an der Berliner Charité. Trotz ihrer jüdischen Wurzeln, traten Hedwig und ihre vier Schwestern schon früh – noch in Berlin - dem evangelischen Glauben bei.
Doch als 1933 die Nazis an die Macht kamen, galt Hedwig Loewenthal offiziell als Jüdin und somit begann ein höchst tragisches Schicksal seinen Lauf zu nehmen. In Briefen zwischen den Behörden und ihr zeigt sich das Bild einer einsamen, verzweifelten, hilflosen Frau, die immer mehr Drangsalierungen erleiden musste. In ihrem Haus lebte zum Beispiel ein Mieter, der sich weigerte, seine Miete an eine „Jüdin“ zu bezahlen und sie ständig unter Druck setzte.
Als das Amt Schötmar Hedwig Loewenthal im Jahre 1939 anwies, aus Deutschland auszuwandern, brach für sie eine Welt zusammen. Sie wollte sogar ihren neuen Mietern, dem Maurer B. und seiner Familie, ihr Haus überschreiben und ihnen ihr ganzes Vermögen übertragen, wenn sie nur im Obergeschoss des Hauses wohnen bleiben dürfe. Die Behörden stimmten zu, sie konnte vorerst dort unter strengen Bedingungen in einem strikt abgegrenzten Bereich des Hauses leben. Im Juni 1941 letztlich befahl die Bielefelder Gestapo Hedwig Loewenthals Auszug aus Oerlinghausen. Man wollte sie anfangs in einem der wenigen „Judenhäuser“ des Kreises Lippe unterbringen, doch wegen deren Überfüllung kam sie bei den Eheleuten Adolf und Lina Sternheim in Lemgo unter - aber nur kurz.
Im Dezember 1941 sammelten die Nazis die letzten noch verbliebenen jüdischen Bürger ein, um sie zu deportieren. Hedwig Loewenthal wurde mit dem Lastwagen zur Sammelstelle nach Bielefeld gebracht. Am 13. Dezember setzte sich der Deportationszug Richtung Riga in Bewegung. Ob sie den Fußweg bis ins Ghetto überlebt hat, ist nicht bekannt. Alte, kranke, gebrechliche Männer und Frauen wurden mitunter kurz nach ihrer Ankunft erschossen.“ Hedwig Loewenthal wurde 1952 vom Amtsgericht Lemgo für tot erklärt.

Bereits unmittelbar nach der Machtergreifung 1933 hatten die Nazis Eduard Berke mit vielen anderen Mitglieder der SPD und der Kommunistischen Partei verhaftet und in „Schutzhaft“ genommen. Seit 1920 war er Vorsitzender der KPD Ortsgruppe Oerlinghausen, zu der auch Asemissen und Lipperreihe gehörten. Man machte Berke, der mit seiner Familie im Wellenbruch lebte, wegen ‚Vorbereitung zum Hochverrat‘ den Prozess und verurteilte ihn 1934 zu fast eineinhalb Jahren Zuchthaus. Nach seiner Entlassung Ende 1935 stand Eduard Berke, der nun als Schleifer bei Firma Benteler in Bielefeld arbeitete, unter Beobachtung der Behörden. Er verhielt sich jedoch unauffällig und wurde von seinen Vorgesetzten sogar als tüchtiger Arbeiter eingestuft.
Oerlinghausens NS-Bürgermeister Friedrich Möller allerdings nahm Eduard Berke einen Wandel in seiner politischen Gesinnung nicht ab und schrieb in einer Beurteilung: „Ich habe Berke immer für den gefährlichsten Kommunisten gehalten“.
In Bielefelder Betrieben, wie auch bei Benteler, bildeten sich in den Kriegsjahren ebenfalls diverse Radio-Kreise, die heimlich ausländische Sender abhörten. Eduard Berke gehörte im Jahr 1942 ebenfalls zu einem solchen Kreis, gemeinsam übrigens mit seinen Nachbarn vom Wellenbruch, Gustav Meier und Richard Hoffmann. Der Informationskreis flog auf, weil zwei Heeper Ehepaare sich gegenseitig des Abhörens von Feinsendern bezichtigten und dabei der Gestapo noch eine Liste von weiteren Radiohörern lieferten – auf denen auch die Namen der Oerlinghauser Eduard Berke, Gustav Meier und Richard Hoffmann standen. Eduard Berke wurde am 26. Januar 1943 vor dem Bielefelder Bahnhof verhaftet und in das Gestapo-Gefängnis in der Turnerstraße eingeliefert.“ Der berüchtigte Bielefelder Gestapo-Ermittler Karl Kaufmann verhörte Eduard Berke. Bei diesen Vernehmungen wurde er offenbar mehrfach schwer misshandelt. Seine Ehefrau Marie, die immer wieder einen Besuchsantrag stellte, durfte ihn nicht sehen.
Zusammen mit sieben weiteren Beteiligten aus Bielefeld, Heepen und Oerlinghausen wurde Eduard Berke im November 1943 der Prozess gemacht. Doch nur gegen Berke und ein Ehepaar aus Brönninghausen verhängte man die Höchststrafe, Tod durch das Fallbeil. Ein Gnadengesuch seiner Frau lehnte der Reichsjustizminister ab. Ein weiteres Gnadengesuch seines Sohnes Fritz Berke, der an der Ostfront stand, kam zu spät, denn Eduard Berke wurde am 4. Januar 1944 in einem Dortmunder Gefängnis hingerichtet. 

Dr. Max Meyer, Reuterstraße 9

Dr. Max Meyer entstammte einer geachteten jüdischen Familie in Oerlinghausen. Er wurde 1866 als Sohn von Isaac und Emilie Meyer geboren. Der Vater betrieb eine Holzhandlung und ein Sägewerk. Max Meyer hatte noch acht Geschwister. Er legte sein Abitur am Leopoldinum in Detmold ab, studierte Medizin und ließ sich 1892 als zweiter Arzt in Oerlinghausen nieder. 1918 wurde er zum Sanitätsrat ernannt. Er hatte seine Praxis zuerst an der Detmolder Straße 23, dann in der Bahnhofstraße und schließlich in dem 1925/26 erbauten Haus Reuterstraße 9. Auch Joe Meyer, der ältere Bruder von Dr. Max Meyer, zählte zu den Honoratioren in der Gemeinde, denn er war der erste Geschäftsführer des 1903 gegründeten Elektrizitätswerkes.
1931, noch vor der Machtergreifung Hitlers, verstarb Joe Meyer. Tagtäglich hatte dagegen Dr. Max Meyer nach 1933 die Hetze und die Drangsalierungen der Nazis zu ertragen. Im Frühjahr 1935 ereiferte sich das NS-Organ ‚Lippische Staatszeitung‘ darüber, dass Meyer noch immer ärztlichen Sonntagsdienst leisten durfte.
In der sogenannten „Reichspogromnacht“ im November 1938, als überall die Synagogen brannten und jüdische Geschäfte geplündert wurden, lebten nur noch zwei jüdische Familien in der Bergstadt, Familie Kulemeyer und Familie Herz. Dr. Max Meyer hatte kurz zuvor seine Praxis aufgegeben und war zu einer Verwandten nach Wellentrup gezogen. Aber auch dort wurde das Haus am 9. November von „Unbekannten“ aufgesucht. Die Nazis schlugen einige Fensterscheiben ein und beschlagnahmten ein altes Gewehr. Später wurde auch Meyers Auto und seine Bibliothek mit 350 Bänden eingezogen.
Max Meyer bemühte sich um eine Auswanderung, denn sein Sohn Georg – ebenfalls ein Mediziner – war bereits mit seiner Frau nach New York emigriert. Aber immer wieder änderten sich die Einreisebestimmungen in die USA. 1940 schließlich bestätigte das US-Konsulat, dass alle erforderlichen Dokumente vorlagen. Doch nun teilte die italienische Reederei mit, dass „Nichtarier“ kein Transitvisum für den Ausgangshafen Genua erteilt würde. Eine Passage von Lissabon war noch eine Option. Doch auch damit scheiterte Dr. Meyer. Im Oktober 1941 verboten die Nazis generell die Ausreise von Juden. Zudem erkrankte Dr. Max Meyer schwer. Am 25. November 1941 verstarb er in einem Krankenhaus in Lage. Er entging damit wahrscheinlich seinem Abtransport in ein Konzentrationslager.

Else und Eduard Kulemeyer, Rathausstraße 41 (früher Bahnhofstraße 41)

Das Wohnhaus steht nicht mehr, dort befindet sich heute die Produktionsstätte der Firma Dr. Oetker. 

In den Sommermonaten 1935 startete die „Lippische Staatszeitung“, die als das größte Nazi-Hetzblatt galt, eine antijüdische Offensive. „Täglich wurden nun Hasstiraden gegen einzelne jüdische Bürger veröffentlicht. So ermahnte man „deutsche Volksgenossen“ nicht mehr bei Juden zu kaufen oder mit ihnen überhaupt in Kontakt zu treten. Am Morgen des 10. November 1938 wurde Eduard Kulemeyer gemeinsam mit Heinrich Herz verhaftet und über Bielefeld ins KZ Buchenwald eingeliefert. Am 16. Dezember wurde er jedoch aus dem KZ entlassen – vorerst. Völlig isoliert und praktisch ohne Einkommen lebte das Ehepaar Eduard und Else Kulemeyer an der Oerlinghauser Bahnhofstraße (heute Rathausstraße). Denn seine Tätigkeit als sogenannter „Wandergewerbetreibender“ durfte Eduard Kulemeyer nicht mehr ausüben.
Zur Auswanderung wie Eduards Bruder Julius konnten sie sich offenbar nicht entschließen. Ab August 1938 mussten die Beiden - wie auch andere deutsche Juden - stigmatisierende Vornamen annehmen: Männer mussten „Israel“ als zweiten Namen führen, Frauen hießen mit Zweitnamen „Sara“. Immer wieder schikanierte die SA die Eheleute. So erschienen die gewaltbereiten Trupps Anfang des Krieges vor Kulemeyers Haus und warfen ihnen vor, nicht ordnungsgemäß zu verdunkeln. Von der Zuteilung von „Luxusgütern“ wie Kaffee waren die Eheleute völlig ausgeschlossen. „Könnt ihr uns nicht einmal ein Paket Kaffeebohnen zuschicken“, schrieb Eduard Kulemeyer an seinen Bruder Julius in Argentinien. Er wurde alsbald zu Straßenbauarbeiten bei einem Bielefelder Tiefbauunternehmen herangezogen.
Ende November 1941 erhielten Eduard und Else Kulemeyer die Aufforderung zur Vorbereitung für die ‚Evakuierung‘ in den Osten. Das Haus und das Grundstück mussten sie auf die Stadt übertragen, Bargeld und Wertgegenstände bei der Stadt Oerlinghausen abgeben. Mit einem Lastwagen transportierten die Nazis Eduard und Else Kulemeyer mit 24 weiteren lippischen Juden – darunter auch die ehemalige Oerlinghauserin Hedwig Loewenthal – zur Sammlung in das Restaurant Kyffhäuser am Bielefelder Kesselbrink. Dann ging es weiter zum Bahnhof und mit einem Deportationszug ins lettische Riga. Seit dem 13. Dezember 1941 gab es kein Lebenszeichen mehr von Eduard und Else Kulemeyer. Offenbar wurden sie gemeinsam mit vielen anderen deutschen Juden in einem Waldstück nahe Riga liquidiert.

Heinrich, Irma , Manfred und Uriel Herz, Hauptstraße 78

Heinrich Herz, der mit seiner Frau Irma und seinem kleinen Sohn Manfred an der Hauptstraße 78 (damals Adolf-Hitler-Straße) wohnte und ein kleines Textilgeschäft besaß, war der letzte Vorsteher der Synagogengemeinde. Als die Nazis in ganz Deutschland im November 1938 die Reichspogromnacht ausriefen war auch das Geschäft der Familie Herz von der Gewalt der SA betroffen. Mit Pflastersteinen wurden zwei Schaufenster und ein Stubenfenster eingeworfen bevor der Oerlinghauser Ortsgruppenleiter und ein SA-Mann die Stuben- und Ladentür mit Fußtritten aufbrachen und in den Ladenraum eindrangen. Hier begannen sie Stoffballen aus den Regalen zu zerren und ein Regal umzustürzen. Irma Herz, deren Mann Heinrich bereits am Morgen zusammen mit Eduard Kulemeyer festgenommen und nach Bielefeld ins Gefängnis gebracht wurde, trat den SA-Leuten mutig entgegen: „Meine Herren, was wünschen Sie?“ „Altes Judenweib! Mach, dass Du weg kommst oder Du bekommst welche“, habe daraufhin der Ortsgruppenleiter gesagt. Noch in dieser Nacht willigte Irma Herz in den Verkauf ihres Hauses ein, der zwei Wochen später notariell besiegelt wurde. Ende November 1938 wurde auch ihr Ehemann Heinrich Herz aus dem KZ Buchenwald entlassen worden, wohin man ihn nach der Verhaftung zusammen mit Eduard Kulemeyer gebracht hatte. Bereits lange zuvor hatte sich Familie Herz um Auswanderung nach Südamerika bemüht.
Für den 10. Dezember 1938 bot sich ein Entkommen aus Oerlinghausen an. Familie Herz erhielt den Zuschlag für eine Schiffspassage ab Bremen nach Uruguay. Doch in der gnadenlosen Nazi-Bürokratie wiederrief man die Genehmigung trotz aller eingereichten Dokumente und Umzugslisten. Völlig verzweifelt zog die Familie Anfang 1939 nach Hamburg, um hier näher an einem Auswandererschiff zu sein.
Ihr neues Zuhause bestand aus einer Einzimmerwohnung im sogenannten „Judenhaus“ in der Hamburger Grindelstraße. Mehrfach verhaftete die Gestapo die beiden und brachte sie immer wieder kurzzeitig ins Konzentrationslager Fuhlsbüttel. Heinrich Herz arbeitete in Hamburg als Gelegenheitsarbeiter, als Anstreicher oder als Erdarbeiter. Zu allem Überfluss wurde Irma Herz auch noch Schwanger und bekam im April einen Sohn, den sie Uriel nannten.
Im November 1941 schließlich trieb die Hamburger Gestapo die verbliebenen Juden in ein Sammellager und transportierte sie in ein Ghetto im weißrussischen Minsk. Auf den Transportlisten standen auch die Oerlinghauser Heinrich, Irma, Manfred und Uriel Herz. 

Hans Windmüller, Detmolder Straße 43

Hans Windmüller, der im Jahre 1907 als Sohn einer jüdischen Familie geboren wurde. Familie Windmüller besaß ein Haus mit einem Ladengeschäft an der Detmolder Straße 43. Vater Julius Windmüller betrieb einen regionalen Vieh- und Landhandel. Seine Frau Helene, die aus Hessen stammte, kümmerte sich zumeist um Haus, Familie und das Landprodukte-Geschäft mit Kartoffeln, Steckrüben oder Salat, die sie oft mitten auf dem Bürgersteig vor dem Haus aufbaute.
Hans war der jüngste Sohn der Familie. Er besaß noch eine ältere Schwester Else und die Brüder Erich und Walter. Doch während Vater Julius Windmüller gern zeigte, dass er zu einem gewissen Wohlstand gelangt war und nach Angaben von Zeitzeugen als Angeber bekannt war, galt Hans Windmüller als verschlossener Junge der von Nachbarn und Verwandten auch als Eigenbrötler bezeichnet wurde. Über seinen Lebensweg ist wenig bekannt. Seine Ausbildung zum Kaufmann habe Hans Windmüller vermutlich in Herford absolviert. Nach den Eintragungen in seiner Meldekarte war er in den Jahren 1931 und 1934 immer wieder für einige Monate in Hamm. Denn dort lebten seit 1921 sein Bruder Erich und seit 1919 seine Schwester Else. Als die Nazis im Jahre 1933 die Macht ergriffen und die allgemeine Hetzjagd auf jüdische Mitbürger einsetzte, wohnte Hans Windmüller offenbar über mehrere Jahre hinweg immer wieder monatelang allein an der Detmolder Straße. Die Mutter starb 1934, Vater Julius war nach Hannover verzogen. Nur durch die Hilfe seiner Nachbarn konnte er sich über Wasser halten. Vor allem die mutige Besitzerin des Konsumladens Martha Ladugga, geborene Schling, versorgte ihn heimlich mit Lebensmitteln. Am 8. September 1938 verzog Hans Windmüller nach Köln in die Brüsseler Straße 87. Doch überraschend kam dann sein Ende. Am 8. März 1939 schrieb Hans Windmüller an das Landesarchiv in Detmold, um Abstammungspapiere anzufordern. Das vom Landesarchiv nach Köln gesandte Antwortschreiben kam ungeöffnet zurück mit dem Vermerk „Empfänger verstorben“. Der 31-jährige war am 15. März 1939 um 7.30 Uhr tot in seiner Wohnung Lindenstraße 17. Er hatte sich erhängt. Das Schicksal des Vaters Julius Windmüller, der noch 1939 in Hannover lebte, ist unbekannt. Bruder Erich konnte Juli 1937 mit Ehefrau Maria und Sohn Günther nach Argentinien auswandern, sein Bruder Walter wurde 1943 in Auschwitz ermordet. Die Schwester Else Grünewald wurde 1942 mit ihrem Ehemann nach Zamosc in Südpolen deportiert und kehrte nicht zurück.

Richard Hofmann und Gustav Meier, Wellenbruch 3

Richard Hofmann, der aus Sachsen stammte, und mit seiner Frau vier Kinder hatte, verdiente seinen Lebensunterhalt als landwirtschaftlicher Arbeiter. Er war seit Frühjahr 1932 Mitglied der KPD. Seit 1939 arbeitete er bei den Benteler Werken in Bielefeld. Hofmann gehörte zum Radiokreis um Eduard Berke und Gustav Meier. Die Familien wohnten im Wellenbruch nebeneinander. Nach der Festnahme des Ehepaars Homann in Heepen, das er seit Jahren kannte, geriet Hofmann in das Blickfeld der Gestapo. Am 22. Januar 1943 erfolgte seine Verhaftung. Wegen Vorbereitung zum Hochverrat erhielt er vom Oberlandesgericht in Hamm am 19. November eine Zuchthausstrafe von zehn Jahren. Während der Strafverbüßung im Zuchthaus Werl erkrankte er schwer und starb am 17. Mai 1945 an einer Lungenembolie.

Gustav Meier lebte ebenfalls im Wellenbruch mit seiner zweiten Frau und zwei Kindern. Bei einem Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg hatte er sich ein Nervenleiden zugezogen. Während des Zweiten Weltkriegs war er anfangs als Hilfsarbeiter in Oerlinghauser Industriebetrieben beschäftigt. Danach arbeitete er beim Kochs-Adler-Nähmaschinen in Bielefeld. Gemeinsam mit Eduard Berke und Richard Hofmann, seinen Nachbarn im Wellenbruch, hörte er ausländische Radiosender ab und tauschte sich mit seinen Kollegen darüber aus. Durch „scharfe Vernehmungen“ von mehreren Personen rollte die Gestapo auch die Mitgliedschaft von Gustav Meier in jenen Radiokreisen auf. Im gleichen Prozess wie Eduard Berke und Richard Hofmann wurde er im November 1943 zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Die saß er in den Zuchthäusern Münster und Werl ab. Nach dieser Zeit behielt ihn die Gestapo im Polizeigefängnis in Bielefeld weiterhin in „Schutzhaft“. Am 16. Februar 1945 kam es zur Verlegung von Gustav Meier in das KZ Buchenwald. Nur einen Monat später, am 11. März 1945 starb er dort aufgrund eines durchgebrochenen Magengeschwürs, wie es in den Akten hieß. 

Das ist Oerlinghausen